Johann Sebastian BACH: Partita No. 2, BWV 1004: Ciaconna
Ein Anfang in d-Moll, so weit ist Verlass
auf das Ohr im Ohr, tongenau im Traum
erinnert der fiebrig hingestellte Beginn,
der die Saiten unter die Finger spannt,
die Mollterz, zeitversetzt eingerahmt
von den Pfeilern einer blanken Quint,
der Kammerton als Tabula rasa,
die alles erträgt: jede folgende Idee,
die sich nun aufspannt, weitet, schrägt,
während der Mond nervös und kalt
sein gerades Licht ins Fenster stellt,
dem er alle Wärme ausgesaugt hat,
bevor es auf die Erde niederklirrt
und das Weichtier im Kopf erschüttert:
die Schnecke in der Muschel, dünn
und eingerollt wie ein Kinderfinger
jenseits der obskuren Knöchelchen,
die einst ein Fisch zum Kauen benützte,
als alle Musik noch ferne Zukunft war,
morgens der ungeteilten Gegenwart
exponiert den Gehörsinn, Hören und Sinn
jenseits verstörender Physiologie: fraglos
den Intervallen ausgesetzt, dem prasselnden
Feuerwerk schöner Besessenheit, besessen
von Schönheit, Schaudern und Scheitern,
faksimile dazu im Notenbild entziffert
die freien Nervenenden eines Mannes,
der sich an luzider Nüchternheit berauschte:
zur Seite die kreiselnden Symmetrien,
die dicht verfugten Dolden, Girlanden,
perlenden Festlichkeiten, unwirsch zur Seite
gelehnt, geschichtet, geschoben, gestürzt
die Konturen, die aufgefächerten Metren,
mit Fingernägeln bis aufs Blut geschabt
an der gekalkten Außenwand der Kirche,
bis etwas wegbricht: der rote Kalk,
die Macht, die sich im Primklang trifft,
der Zirkelschluss der eigenen Adern –